Auf dem Pilgerweg zu einer Kirche des gerechten Friedens lernen wir durch die gewaltfreie Haltung und Stimme Jesu
Wir befinden uns mit unserem Pilgerweg in einem historischen Prozess vom Konzept des gerechten Krieges zum Konzept des gerechten Friedens. Pilgern heißt Lernen. Dabei machen wir uns den Satz „Wer den Frieden will, bereite den Frieden vor“ zu eigen, befragen unsere eigenen Denk- und Sprachmuster und suchen den Dialog in Kirche und Gesellschaft. Wir stellen uns in die Tradition des konziliaren Prozesses für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung, der Absage an Geist, Logik und Praxis der Abschreckung, und, stellvertretend fur die Breite der Tradition, der Aktion ‚Schwerter zu Pflugschaaren‘.
Wir beziehen uns auf die friedensstiftende und gewaltfreie Haltung und Stimme Jesu. So heißt für ihn, dem Übel zu widerstehen und die andere Wange hinzuhalten nicht, sich dem Bösen zu unterwerfen oder Bösem mit gleichen Mitteln zu begegnen. Stattdessen geht es darum, gewaltfrei und phantasievoll Widerstand zu leisten und Frieden zu stiften. Um die Entwicklung einer solchen Haltung bitten wir im Gebet. Jesus sagte nicht: „Fordert, so werdet ihr es bekommen“, sondern, in gewaltfreier Sprache, „bittet, so wird euch gegeben“.
Für das Lernen auf dem Pilgerweg zur Kirche des gerechten Friedens setzen wir uns für gewaltfreie Kommunikation, ein. Ausgrenzung und Diskriminierung beginnt oftmals schon mit der Sprache, welche wir verwenden. Gewaltfreie Kommunikation meint eine zugewandte und verbindende Haltung und eine achtsame und respektvolle Sprache des Lebens. Für einen Dialog in Kirche und Gesellschaft steht beispielhaft der kritische Austausch mit Politik, Polizei und Bundeswehr. Hier bringen wir ein, dass die Menschenwürde auch den „Feinden“ gilt und sie als ein Geschenk für den eigenen Lernweg gesehen werden. Um uns als Kirche mit auf den Weg zu machen und diesen zu gestalten, braucht es gewaltfreie Kommunikation und Konzepte der Konfliktbearbeitung auf allen Ebenen der Landeskirche von der Universität bis hin zu Gemeindekirchenräten unter Einbeziehung vorhandener Entwicklungen und Initiativen.
Die Lage der Welt kann auch einen ganz anderen verantwortungsethischen Ansatz erfordern, wie er auch gegen den Nationalsozialismus und seiner Vernichtungshandlungen gegen so viele Menschen und Menschengruppen, vor allem auch gegen jüdische Menschen. Zuweilen erfordert der Umgang beispielsweise mit dem friedens- und gerechtigkeitszerstörenden Antisemitismus nicht nur diskursive oder edukative, sondern auch eindämmende, notfalls repressive und auch ahndende Ansätze.
Krieg ist immer Ausdruck von Sünde und menschlichen Scheiterns. Doch solange es Kriege gibt, braucht es die Diskussion um den Einsatz von Waffen und Gewalt um menschliches Leiden, Tod und Zerstörung in der Auseinandersetzung zu begrenzen.
Fraglich ist in diesem Abschnitt, wer mit „wir“ gemeint ist.
Ich frage mich, ob man nicht zwischen der Stimme Jesu und den Stimme der frühen Kirche unterscheiden muss, damit man Herausforderungen wie diese meistern kann: “Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.” Mt 10,34
Es ist erfreulich, dass auch an Kommunikation und Sprachmuster gedacht wird, z.B. S.7: “befragen wir unsere eigenen Denk-und Sprachmuster”. Mir fehlt aber eine (wenigstens eine!) ganz klare Positionierung zu inklusiven bzw. exkludierenden Prozessen in der EKM unter Anwendung eines weiten Inklusionsbegriffs: gerechter Friede heißt auch, dass das AGG (Allgemeine Gleichsstellungsgesetz) in allen Ebenen (auch für Pastor*innen!) angewandt wird, dass exkludierende, diskriminierende Sprache in unseren Gremien vermieden wird (siehe EKD Leitlinie https://www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/Sie_ist_unser_bester_Mann_Gendergerechte_Sprache_2020.pdf) und Menschen mit (oft mehreren) Diskriminierungsmerkmalen (Behindert sein, Frau Sein, Transperson sein, homosexuell sein, alt sein, konfessionlos sein, dick sein…) in unseren direkten Arbeitsbezügen (und nicht draußen “in der Welt”) wahrgenommen werden und Diskriminierung in unseren eigenen Reihen unterbunden wird.
Vorsicht vor zu heftigen Alternativen: Die Wege der Menschen sind unterschiedlich. Kirche soll zeugnishaft den eigenen Weg beschreiben, andere Wege aber nicht verdammen.
Es genügt nicht die „eigenen Denk- und Sprachmuster“ zu „befragen“, wenn nicht zugleich auch die eigenen gewalthaltigen Strukturen in Kirche und Gemeinde befragt werden. Wenn etwa Seelsorger zugleich Vorgesetzte sind, ist dies eine Interessenkollision, die der Gewaltfreiheit im Wege steht.